Neuerungen im Pflanzenschutzmittelrecht

Kundmachung

Information bzw. Hinweis der Gemeinde vom 18.11.2015

Neuerungen im Pflanzenschutzmittelrecht

Seit 15. Juni 2012 ist bei der Verwendung (Ausbringen und Lagern) von Pflanzenschutzmitteln das Tiroler Pflanzenschutzmittelgesetz 2012 anzuwenden. Es regelt Maßnahmen zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln unter Berücksichtigung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes und des Vorsorgeprinzips. Es zielt auf die Minderung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ab. Die Inverkehrbringung (Zulassung und Verkauf) von Pflanzenschutzmitteln fällt in Österreich in die Zuständigkeit des Bundes und wird im Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geregelt.

 

Beruflicher oder nichtberuflicher Verwender (Professionist oder Nicht-Professionist)

Ein zentraler Punkt ist die Unterscheidung zwischen beruflichen (Professionisten) und nichtberuflichen Verwendern (Nicht-Professionisten). Beruflicher Verwender ist, wer in einer beruflichen Tätigkeit Pflanzenschutzmittel verwendet, jemanden im Rahmen einer Ausbildung anleitet oder beaufsichtigt bzw. über eine gültige Ausbildungsbescheinigung verfügt. Nichtberuflicher Verwender ist jeder, der im Haus- und Kleingartenbereich (Hobbybereich) ohne Erwerbsabsicht Pflanzenschutzmittel mit entsprechender Zulassung („Für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich zulässig“) verwendet. Zahlreiche Bestimmungen hängen an dieser Unterscheidung.

 

Sachkundigkeit (Ausbildungsbescheinigung)

Berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln müssen ab 26. November 2015 über eine gültige Ausbildungsbescheinigung, einen sogenannten „Pflanzenschutzführerschein“, verfügen. Jeder, der Pflanzenschutzmittel beruflich verwendet, also ausbringt, lagert, innerbetrieblich befördert etc. muss ab diesem Zeitpunkt eine Bescheinigung besitzen. Auch der Kauf von professionellen Pflanzenschutzmitteln ist dann ohne Ausbildungsbescheinigung nicht mehr möglich. Die Sachkundigkeit wird ausschließlich mit der Ausbildungsbescheinigung bestätigt.

Nur wer über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt und verlässlich ist kann eine derartige Bescheinigung beantragen. Diese können über eine anerkannte berufliche oder schulische Ausbildung sowie durch einen Ausbildungskurs erworben werden. Aktuelle Informationen über das Kursangebot und die Beantragung der Ausbildungsbescheinigung sind bei der LK Tirol, Fachbereich Spezialkulturen und Markt, Pflanzenschutz https://tirol.lko.at/?+Pflanzenschutz+&id=2500,,2263990,6193 zu finden.

 

Aufzeichnungen (Spritztagebuch)

Auch bei den Aufzeichnungen ist zwischen beruflichen und nichtberuflichen Verwendern zu unterscheiden. Künftig müssen berufliche Verwender Aufzeichnungen über den Erwerb (Handelsbezeichnung, Pflanzenschutzmittelregister-Nummer und Menge) und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln führen. Personen, die Pflanzenschutzmittel von beruflichen Verwendern anwenden lassen, müssen nur Aufzeichnungen über die verwendeten Pflanzenschutzmittel führen. Davon ausgenommen ist die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich oder auf Flächen unter 1.000 m², die nicht der land- oder forstwirtschaftlichen Produktion dienen.

Aufzeichnungen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln umfassen:

a)die Handelsbezeichnung und die Pflanzenschutzmittelregister-Nummer des Pflanzenschutzmittels,

b) die Verwendungszeit mit Datum, bei bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln zusätzlich die Uhrzeit (Beginn und Ende) der Anwendung,

c)  die Aufwandmenge pro ha oder die Konzentration, falls eine Aufwandmenge nicht vorgesehen ist,

d) die Grundstücksnummer oder die Bezeichnung des Feldes sowie die Größe der behandelten Fläche,

e) den Grund der Behandlung (Schadfaktor bzw. Schadorganismus),

f)  die Kultur, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde,

g) den Namen und die Adresse des beruflichen Verwenders.

Eine Vorlage für ein Spritztagebuch findet sich online (https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/land-forstwirtschaft/agrar/bildung-schule-sicherheit/downloads/Spritztagebuch_v2014.pdf).

 

Österreichisches Pflanzenschutzmittelregister (www.pmg.ages.at)

Seit dem 1. Jänner 2015 dürfen nur mehr Pflanzenschutzmittel verwendet werden, die in das Österreichische Pflanzenschutzmittelregister eingetragen sind. Das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) stellt diese Informationen in einer Online-Datenbank im Internet zur Verfügung (http://pmg.ages.at/pls/psmlfrz/pmgweb2$.Startup).

 

Haus- und Kleingartenbereich (Hobbybereich)

Pflanzenschutzmittel für den Hobbybereich müssen ab dem 26. November 2015 für die Anwendung durch den nichtberuflichen Verwender (Nicht-Professionist) zugelassen und mit folgendem Hinweis gekennzeichnet sein: „Für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich zulässig“. Nichtberufliche Verwender dürfen somit ab 26. November 2015 nur mehr „weniger gefährliche“, für den Haus- und Kleingartenbereich bestimmte Pflanzenschutzmittel, welche ohne spezielle Kenntnisse verwendet werden können, kaufen und anwenden.

Alle anderen zugelassenen Pflanzenschutzmittel gelten dann als ausschließlich für die berufliche Verwendung geeignet und dürfen nur von Personen verwendet und an solche verkauft werden, die über einen gültigen Pflanzenschutzführerschein verfügen (Profimittel).

Da laut Tiroler Pflanzenschutzmittelgesetz 2012 auch das Lagern zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln gehört, müssen Nicht-Professionisten Mittel, die nicht für die Verwendung durch den nichtberuflichen Verwender im Haus- und Kleingartenbereich zugelassen sind, bis dahin entweder aufbrauchen, zurückgeben oder entsorgen.

 

Lagerung und Pflanzenschutzgeräte

Pflanzenschutzmittel sind so zu lagern, dass Unbefugte, insbesondere Kinder, keinen Zugriff darauf haben. Sie sind zudem in verschlossenen oder wiederverschlossenen Handelspackungen aufzubewahren. Pflanzenschutzgeräte müssen so beschaffen sein, dass beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln das Leben und die Gesundheit von Menschen und die Umwelt nicht gefährdet werden und die Mittel in Abstellung auf die Indikationen nur in dem erforderlichen Ausmaß ausgebracht werden können.

 

Pflanzenschutzmittel und Bienenschutz

Die Anwendung von als bienengefährlich gekennzeichneten Pflanzenschutzmitteln auf blühende Pflanzen ist grundsätzlich verboten. Pflanzenschutzmittel, die als bienengefährlich, mit Ausnahme der Anwendung nach dem Bienenflug bis 23:00 Uhr gekennzeichnet sind, dürfen auf blühende Pflanzen nur in diesem Zeitfenster angewendet werden. Diese Bestimmungen gelten auch für nichtblühende Pflanzen, wenn sie von Bienen beflogen werden (z.B. Pflanzen mit extrafloralen Nektarien oder mit Honigtau in Folge von Blattlaustätigkeit), unabhängig von der Blüte innerhalb eines Umkreises von 30 m um Bienenstände, sowie in der offensichtlichen Fluglinie der Bienen.

 

Mischungen von Pflanzenschutzmitteln

Bei Mischungen von Pflanzenschutzmitteln kann es Probleme mit der Mischbarkeit in der Spritze oder der Pflanzenverträglichkeit geben. Es kann aber auch eine Veränderung in Bezug auf die Bienengefährlichkeit eintreten, sodass Mischungen von zwei bienenungefährlichen Mitteln plötzlich bienengefährlich werden können. In blühenden Beständen (dazu gehören auch blühende Unkräuter) und an Pflanzen, die von Bienen beflogen werden, ist deshalb generell von der Ausbringung von Tankmischungen mit Insektiziden und oder Fungiziden abzuraten.

 

Vorbeugender Schutz von Bienen und anderen bestäubenden Insekten

Im Rahmen des vorsorgenden Schutzes von Bienen und anderen bestäubenden Insekten sollte grundsätzlich die Behandlung blühender Pflanzen vermieden werden. Ist eine Behandlung nicht zu vermeiden, ist diese gegen Abend bei abnehmendem oder beendetem Bienenflug durchzuführen. Blühende Unterkulturen (z.B. Löwenzahn) sind vor einer Behandlung am besten zu mulchen oder zu entfernen. Zum Schutz von Bienen und anderen bestäubenden Insekten ist die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln aus der Behandlungsfläche heraus zu vermeiden. Im Haus- und Kleingartenbereich sollte gänzlich auf die Verwendung von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln und Bioziden (z.B. Ameisenmittel) verzichtet werden.

 

Pflanzenschutz im Wald

Vom Tiroler Pflanzenschutzmittelgesetz 2012 ausgenommen sind die im Forstgesetz 1975 vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz von Holzgewächsen, sowie zum Schutz der Pflanzen vor Schädigungen durch jagdbare Tiere. Für den Erwerb eines Mittels zur Bekämpfung des Borkenkäfers oder eines Wildverbissmittels im Wald, die als Pflanzenschutzmittel zugelassen bzw. auch im Pflanzenschutzmittelregister eingetragen sind, benötigt man eine Ausbildungsbescheinigung.

 

Ausblick

Mit der Neufassung der Tiroler Pflanzenschutzmittelverordnung 2012 wurden die im geänderten Tiroler Pflanzenschutzmittelgesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen, ausgenommen der Themenbereich Pflanzenschutzgeräte, umgesetzt. Dieser befindet sich aktuell in Ausarbeitung; in Umsetzung des Artikel 8 der Richtlinie 2009/128/EG sollen bis zum Frühjahr 2016 Vorschriften über den Umgang mit sowie die wiederkehrende Kontrolle von beruflich verwendeten Pflanzenschutzgeräten erlassen werden.

(Amtlicher Pflanzenschutzdienst Tirol, DI Andreas Tschöll, Stand: 12.11.2015)

Der Bürgermeister: Dietmar Schöpf  eh.

 

Angeschlagen am:

18.11.2015

Abgenommen am:

18.12.2015

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